Zwischen 15.000 und 30.000 Lobbyisten verdienen im EU-Geschehen weitgehend unbeobachtet ihr Geld damit, Politik im Sinne von Unternehmen zu beeinflussen. Der neue "Lobbyplanet Brüssel" verspricht Orientierung.
Ob die milliardenschwere Verhinderung einer Ampelkennzeichnung von Lebensmitteln, Unterschriftensammelaktionen im Auftrag von Unternehmen oder die gezielte Beeinflussung der öffentlichen Meinung: die Arbeit von Lobbyisten gehört in Brüssel längst zum politischen Alltag. Konzerne investieren Millionen in scheinbar unverdächtige Verbände, Netzwerke und Organisationen, um ihre Interessen durchzusetzen - nicht selten auf Kosten der Allgemeinheit. Die in Brüssel tätigen Lobbyisten wenden “immer härtere Lobby-Strategien” an, die wahrscheinlich “Praktiken wie Manipulation, Destabilisierung und Desinformation beinhalten”, sagt der Lobbyistenausbilder Daniel Guéguén.
Die gemeinnützige Initiative LobbyControl hat es sich zur Aufgabe gemacht, Licht in das Dunkel zu bringen und das Dickicht aus EU-Institutionen, Wirtschaftsberatungen und Einzelpersonen zu durchdringen. Mit dem "Lobby Planet Brüssel" hat sie kürzlich die überarbeitete Fassung eines Reiseführers der anderen Art herausgebracht.
Neben dem Sitz relevanter Organisationen konzentriert sich der Guide auf Hintergründe und Zusammenhänge zum Lobbygeschehen in Europa. So erfährt man zum Beispiel, dass Google 2010/2011 700.000 Euro für Lobbyarbeit in der EU ausgegeben hat; dass sich im März letzten Jahres 14 EU-Abgeordnete im Zusammenhang mit der "Cash-for-Laws"-Affäre bestechlich zeigten; dass die multinationalen Wasserkonzerne Veolia und Suez mit Hilfe des eigens gegründeten Dachverbands AquaFed die Privatisierung von Wasserdienstleistungen vorantreiben; dass das wissenschaftlich-neutral wirkende European Risk Forum versucht, unternehmensfreundliche Ansätze zur Folgenabschätzung von Gesetzen durchzusetzen (involviert sind oder waren hieran British American Tobacco, Bayer, Coca-Cola, Shell und Siemens); oder dass im Bereich Lebensmittel auf einen Verbraucherschützer 100 Industrielobbyisten kommen - so jedenfalls die Schätzung Monique Goyens vom Europäischen Verbraucherverband (BEUC).
Die Lektüre des Lobby Planet ist nicht nur für Informationssuchende ein lohnendes Unterfangen, bietet er doch mit seiner "Werkzeugkiste" praktische Tipps für ambitionierte Nachwuchslobbyisten.
Der 68-seitige Lobby Planet Brüssel, "Das EU-Viertel", ist auf der Webseite von LobbyControl für EUR 7,50 erhältlich: www.lobbycontrol.de [CB].
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